Bildbuch (Le livre d'image)

Jean-Luc Godard (Schweiz/Frankreich 2018)

Premiere
Jean-Luc Godard hat von seinem bisher jüngsten Film eine Fassung erstellt, die er höchstpersönlich auf Deutsch eingesprochen hat. Diese Version feierte an den diesjährigen Solothurner Filmtagen ihre Schweizer Premiere. (Spieldaten: Sa, 4.4., 18:15 // Mo, 6.4., 21:00 // So, 12.4., 18:15 // Mi, 22.4., 15:00)

«Konzipiert als Remix von Filmausschnitten, Archivmaterial und musikalischen Einschüben, erscheint Le livre d’image wie ein später Nachsatz zu den Histoire(s) du cinéma (1988–1998), Godards vierstündigem Monumentalwerk, das mittels einer komplexen Verflechtung von Zitaten aus der Film- und der Zeitgeschichte zu einem neuen Blick auf das 20. Jahrhundert finden wollte. Auch hier führt die Assemblage von visuellen und akustischen Fragmenten zu dunklen, teils aber auch lyrischen Momenten, die im mehrstimmigen Chor von einer beschädigten Welt berichten.
In fünf Kapitel unterteilt (‹wie die fünf Finger der Hand›, ist aus dem Off zu vernehmen), kommt der Film auf die Revolutionen und – vom Atompilz bis Sarajevo – die Kriege zurück, die das Weltgeschehen geprägt haben. Evoziert werden auch die Mechanisierungsprozesse, die der Globalisierung vorausgegangen sind, sowie das Motiv des Reisens, das, mit eloquenten Sequenzen von Zugfahrten illustriert (etwa aus Buster Keatons The General), en passant auch an die semantische Streubreite von Godards Poetik erinnert.
Überraschend ist der Schwerpunkt, den der Schlussteil setzt. Die ‹Région centrale›, auf die der Zwischentitel verweist, bezieht sich nicht auf den gleichnamigen Film von Michael Snow, sondern auf den Nahen Osten, der in der Collage von Bildern aus IS-Propaganda, arabischen B-Produktionen und (kontrapunktisch gesetzten) Auszügen aus Rossellinis Paisà zu neuen Konturen gelangt. Die Anspielungen auf die kolonialen und religiösen Konflikte mögen dem mediterranen Fokus seine kulturhistorische Tiefe verleihen, unübersehbar ist jedoch auch Godards Interesse an einer ästhetischen Dialektik: Im Off-Kommentar, der von der ‹Gewalt› spricht, die ‹dem Subjekt der Darstellung während des Akts des Darstellens› widerfährt, lässt sich unschwer ein Echo von Edward W. Saids Orientalismus-Theorien vernehmen. Ebenso manifest ist auch, dass die Frage nach dem ‹richtigen Bild›, die der Filmemacher seit je diskutiert, hier eine neue Schärfe erhält.
Am schönsten sind allerdings die Verfremdungseffekte, mit denen der Meister die Leinwand in einen Bezug zur Malerei zu setzen versucht. Die übersättigten Farben, die das Meerwasser zum Glühen bringen, die verfliessenden Videoaufnahmen und die karminroten Mohnblumen unterstreichen das Credo des Künstlers, seine Filme wie ein ‹Bildhauer› gestalten zu wollen. Spätestens hier kommt auch die eingangs erwähnte Hand erneut ins Spiel.» (Patrick Straumann, NZZ, 26.4.2019)

84 Min. / Farbe + sw / DCP / D/OV/d

zur Website der Veranstalter:in

Künstler:innen / Personen

Regie: Jean-Luc Godard
Drehbuch: Jean-Luc Godard
Kamera: Fabrice Aragno, Jean-Luc Godard, Jean-Paul Battaggia
Schnitt: Jean-Luc Godard

Veranstalter:in

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