Walzer auf der Petschora (Walsi petschorase)

Lana Gogoberidse (Georgien 1992)

Georgiens Cineastinnen
1908 gilt offiziell als das Geburtsjahr des Kinos in Georgien, das in der Sowjetzeit im Bereich Film eine der produktivsten Teilrepubliken war. In jüngster Zeit erlebt das georgische Kino einen erstaunlichen Aufschwung, der auch international sehr beachtet wird. Regisseurinnen haben das georgische Filmschaffen seit jeher geprägt. Im Rahmen des Kulturfestivals «Brücke Zürich−Tbilissi» widmet das Filmpodium den Cineastinnen Georgiens eine kleine Hommage und freut sich, dass Vertreterinnen verschiedener Generationen ihre Filme persönlich vorstellen werden.

Im Tbilissi der 1930er-Jahre verlässt eine junge Frau, deren Vater als «Volksfeind» hingerichtet und deren Mutter nach Sibirien deportiert wurde, das Waisenhaus und kehrt in ihre vermeintlich leere Wohnung zurück, die jedoch von einem Mitglied der stalinistischen Geheimpolizei in Besitz genommen wurde.
«Ich wollte diesen Film schon immer machen. Vielleicht habe ich nur deshalb das Institut für Kinematografie besucht, um einen Weg zu finden, das auszudrücken, was ich zusammen mit meiner Nation erlitten habe. Die Verhaftung meiner Eltern, das Alleinsein, die überwältigende Angst, die auf der Gesellschaft lastete, der innere Kampf gegen die unsichtbaren Mächte, die alles unterdrückten, in alle Sphären der eigenen Existenz eindrangen und einen psychisch wie körperlich erledigten. Damals verstand ich nicht, dass es der Totalitarismus war, gesehen mit den Augen eines Kindes, die organisierte Gewalt gegen Personen: Der Protest dagegen wurde das Ziel meines Lebens.» (Lana Gogoberidse, zit. nach: Katalogblätter Int. Forum des Jungen Films, Berlin 1993)

Lana Gogoberidse
Lana Gogoberidse wurde 1928 als Tochter überzeugter Kommunisten in Tbilissi geboren, doch die Eltern gerieten Ende der 30er-Jahre in die stalinistische «Säuberungs»-Welle: Ihr Vater, Levan Gogoberidse, wurde 1937 hingerichtet und ihre Mutter, die Regisseurin Nutsa (Nino) Gogoberidse, für 10 Jahre nach Sibirien verbannt. Nach einem Literaturstudium erhielt sie ihre Filmausbildung am WGIK in Moskau; ihr Regiestudium schloss sie 1958 ab. 1962 drehte sie ihren ersten Langspielfilm. Trotz Problemen mit der sowjetischen Zensur schaffte sie es, ihre Filme international zu präsentieren. Neben der eigenen Regiearbeit widmete sie sich ab 1974 der Ausbildung des Filmnachwuchses in Tbilissi. 1988 gehörte sie zu den Gründerinnen des Verbands «Kino Women International» und wurde dessen erste Präsidentin. Nach der Unabhängigkeit Georgiens engagierte sie sich in der Politik. Von 1992 bis 1995 sass sie im georgischen Parlament und ging 2004 als Botschafterin nach Paris.
Filme (Auswahl): Als die Mandelbäume blühten (Rotsa akvavda nush, 1972), Einige Interviews zu persönlichen Fragen (Ramdenime interwju pirad sakitchebse, 1978), Der Tag ist länger als die Nacht (Dges game utenebia, 1983), Walzer auf der Petschora (Walsi petschorase, 1992), Hin und her (Oromtriali, 1987) und The Golden Thread (Okros dzapi, 2019).

Vorstellung vom Samstag, 9.10.2021:
Einführung in das georgische Filmschaffen durch Gaga Chkheidze
Nach einem zweijährigen Studium der Germanistik an der staatlichen Universität Tbilissi schloss Gaga Chkheidze sein Studium an der Fakultät für Literatur und Kunst der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland, ab. Von 1991 bis 2000 arbeitete er als Übersetzer und Programmkoordinator beim Internationalen Forum des Neuen Films (Internationale Filmfestspiele Berlin). Davor arbeitete er als Produzent bei der staatlichen Rundfunkgesellschaft Georgiens. Gaga Chkheidze ist Gründer und Direktor des Cinema Art Center Prometheus und des Tbilisi International Film Festival. Seit 2005 ist er auch Vorstandsmitglied des Georgischen Filmfonds. Gaga Chkheidze wurde zweimal zum Direktor des georgischen Nationalen Filmzentrums ernannt: von 2005 bis 2008 und von 2019 bis heute.
Referat in deutscher Sprache.

106 Min. / Farbe / 35 mm / Georg/d

zur Website der Veranstalter:in

Künstler:innen / Personen

Regie: Lana Gogoberidse
Drehbuch: Lana Gogoberidse, Saira Arenischwili
Kamera: Giorgi Beridse
Musik: Giorgi Zinzadse
Besetzung: Guram Pirtskhalava, Nino Surguladse, Marika Chichinadse, Tamar Skhirtladse, Nineli Chankvetadse, Dodo Chichinadse, Irina Kupchenko, Valentina Telichkina

Veranstalter:in

Filmpodium

Das Filmpodium zeigt an die 350 verschiedene Filme jährlich. Thematische Reihen und Retrospektiven von Klassikern der Filmgeschichte sind ebenso zu sehen wie Premieren unabhängiger Autorenfilme aus aller Welt und Sonderveranstaltungen mit ...

Ort

Filmpodium Kino

Nüschelerstrasse 11
8001 Zürich
+41 (0)44 415 33 66
info@filmpodium.ch

Dein Weg

Zugänglichkeit:

Das Kino ist rollstuhlgängig und verfügt über eine Funk-Höranlage.

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